Das Lektorat eines übersetzten Romans unterscheidet sich wesentlich von einem Lektorat eines in der Originalsprache verfassten Romans – hauptsächlich dadurch, dass man beim Übersetzungslektorat den Plot nicht ändern kann. Natürlich darf und muss man manchmal Kleinigkeiten ändern, zum Beispiel Fehler im Original ausbügeln oder die Handlung an den Leser der Übersetzung anpassen. Mehr aber auch nicht!
Beim Lektorat eines übersetzten Romans liest die Lektorin das Buch in der Zielsprache so, wie es später der Leser tun wird. So prüft sie, ob es sich „gut lesen lässt“, und poliert Stellen, über die sie stolpert. Es handelt sich also um ein rein sprachliches Bearbeiten des übersetzten Buchs, nicht um ein inhaltliches.
Warum muss man überhaupt eine Buchübersetzung lektorieren? War die Übersetzerin dann nicht gut?
Einerseits ist niemand perfekt und niemand kann alles wissen. So kennt niemand jedes einzelne Wort, noch nicht einmal in seiner Muttersprache, und man kann auch nicht jedes Lied oder jede kulturelle Gegebenheit kennen, auf den oder die sich eine Textstelle womöglich bezieht – und auch nicht jede regionale Redewendung.
Andererseits weiß die Übersetzerin zu viel, denn im Gegensatz zum späteren Leser ihrer Übersetzung kennt sie das Original. Insofern kann sie oftmals nicht beurteilen, ob der spätere Leser ihrer Übersetzung die Textstelle verstehen wird, denn sie hat das Wissen ja und kann es nicht einfach auslöschen.
Alle machen Fehler
Letztes Jahr habe ich ein Buch lektoriert, das aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt worden war. Es handelte sich um eine sehr gute und kreative Übersetzung – aber natürlich enthielt sie Fehler. Mal wurde ein Wortspiel nicht erkannt, mal eine schräge Metapher gewählt, mal eine Konnotation nicht berücksichtigt – oder ein Wort bzw. ein Ausdruck schlicht nicht verstanden und deshalb falsch übersetzt. Mein Job als Lektorin ist es, solche Fehler zu entdecken und auszumerzen, und das habe ich getan.
Nun könnte man denken: Ey, dann war die Übersetzerin aber unfähig, wenn die solche Fehler macht!
Wie der Zufall es jedoch wollte, hat ebendiese Übersetzerin knapp ein Jahr später ein Buch lektoriert, das ich höchstselbst ins Deutsche übersetzt habe. Und siehe da: Ich habe die gleichen Fehler gemacht. Also, ich habe nicht dieselben Wörter nicht verstanden und falsch übersetzt, das wäre ganz schön skurril, aber mir ist genau das mit anderen Wörtern und Ausdrücken passiert, und auch ich habe ungünstige Wortspiele und Metaphern gewählt und Zusammenhänge nicht im Auge gehabt.
Das passiert!
Wir sind alle nur Menschen. Und beim Übersetzen bearbeitet man nur rund zehn Seiten pro Tag über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten – und bei Seite 360 hat man nicht mehr jede Kleinigkeit im Kopf, die auf Seite 20 passiert ist. Eine Lektorin hingegen liest deutlich mehr Seiten pro Tag – vermutlich so viel wie ein Leser später –, und kann deshalb die Zusammenhänge besser überblicken. Außerdem guckt die Lektorin nur ins Original, wenn ihr an einer übersetzten Stelle etwas komisch vorkommt. So „klebt“ sie nicht am Original, wie es bei der Übersetzerin zwangsläufig der Fall ist, und kann besser beurteilen, wie die Übersetzung später beim Leser ankommen wird. Deshalb ist es auch so grundverkehrt, wenn eine Lektorin eine Romanübersetzung Satz für Satz mit dem Original vergleicht: So verliert sie diesen Vorteil, dann klebt sie auch an der Übersetzung, dann kann sie auch den Zusammenhang nicht mehr überblicken, dann liest sie das Buch nicht mehr wie ein späterer Leser.
Ein Lektorat eines übersetzten Romans ist also nichts, was man nur braucht, um die Übersetzerin „zu überprüfen“ bzw. ihre Unfähigkeit in Ordnung zu bringen! Ein Lektorat einer Romanübersetzung ist ein notwendiger Vorgang, wenn man ein wirklich gutes Buch in der Zielsprache auf den Markt bringen möchte.
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